Reichsdozententage (I): Eine weise Akademie entfaltet sich

Im Königreich Deutschland ist die Bildung ausgebrochen. Die „Akademie für Weisheit und Selbstentfaltung“ nahm kürzlich den Betrieb auf und wirbt um Schüler oder Studenten. Genaues weiß man nicht. Was man weiß: Es gibt schon eine Handvoll Dozenten, darunter ein waschechter Professor aus Österreich, ein promovierter Eso-Mathematiker oder eine Tittenausstellung Dozentin mit auch irgendwelchen Qualifikationen.

Königsunkundigen sei meine Vorbemerkung hier empfohlen.

Zu Beginn der Reichsdozententage gibt’s erstmal einen Überblick über diese Institution. Dafür lassen wir die Akademie selbst zu Wort kommen,  Zitat: „Die Akademie für Weisheit und Selbstentfaltung im Königreich Deutschland hat die Aufgabe, allen Menschen die Möglichkeit einer ganzheitlichen und an der Wahrheit ausgerichtete Bildung zu bieten.“ Das ist schön, denn wer wollte schon Bildung, die sich auf Unwahrheiten beruft. Ansonsten spendiere ich der königlichen Grammatik noch ein „n“ (für Selbstabholer).

Schön sind auch die Zukunftsaussichten der Absolventen: „Nach dem Abschluß des Studiums werden Sie eine führende Rolle im deutschen Staat einnehmen, begehrte Macher in den Führungsetagen der Wirtschaft sein oder eine eigene Firma aufbauen.“ Wow, das ist so toll, meine Güte, da muss ich hin, denn schließlich giert die Wirtschaft nach hoch qualifizierten Mitarbeitern. Oh, halt, da gibt es nur ein klitzekleines Problemchen: „Da die gelehrten Inhalte zu weit von den üblichen Standards abweichen, kann es nicht Ziel der „Königlichen Universität“ sein, einen von der Europäischen Union oder der Bundesrepublik Deutschland anerkannten Abschluß zu bieten.“ Elend und Jammer, ich hatte mich schon so gefreut. Aber wer will mich dann haben, denn diese engstirnigen Personaler wollen doch echte Zeugnisse sehen? „Nach dem Studium erhalten Sie bei Uns eine Anstellungsgarantie.“ Pluralis Majestatis. Uns ist ER, also der König Fitzek und sein Reich. Das ergibt Sinn: Denn in einem Königreich mit kaum einem Dutzend Einwohnern ist quasi jeder Abschluss ein hoch qualifizierter. Ich muss mal mein Seepferdchen suchen, damit werde ich sicherlich königlicher Minister für Schifffahrtswegebau und leite nebenher die Atom-U-Boot-Werft.

Zwei Jahre soll ein Studium dauern, unklar sind die Kosten, ebenso die Zugangsberechtigung. Revolutionär: Wer lediglich über ein Jodeldiplom oder den Baumschulen-Bachelor verfügt, kann den Abistoff eines Faches locker in zwei, drei Monaten nachholen. So toll ist die Akademie.

Fächer sind zum Beispiel Recht, Philosophie oder Musik, aber auch Entwicklungsgesetze des Lebens oder Selbstheilung und natürliche Medizin. Momentan kann man sich nur zum Studium Generale anmelden: „Im Studium Generale an der Königlichen Universität soll der Student herausfinden, worin seine größte Freude und seine großen Begabungen oder Talente liegen. Hat er das herausgefunden, schließt sich das Studium einer Fachrichtung an.“  Wie jetzt? Uni, Akademie, wat denn nu?

Egal. Lernen kann man zum Beispiel Musik (für Fitzek Klavier): „Die alten Meister […] mußten nur einen Bruchteil der Zeit üben, die Pianisten heute dafür aufwenden, um vollendet spielen zu können. Sie verstanden die Musik noch auf andere Weise. Dieses Verständnis werden Sie wieder auf Unserer Universität erlernen.“ Ist das so? Mir scheint die Prämisse auf sehr wackeligen Beinen zu stehen, aber „Nach nur etwa drei Monaten bis zu einem halben Jahr Unterricht, werden Sie, je nach Ihrem Interesse und Begabung, klangvoll spontan selbst komponierte Stücke mit beiden Händen spielen können.“ Sicher. In Fachkreisen Free Jazz genannt.

Das Fach Sport ist im Königreich gleichzusetzen mit Kampfkunst, denn „Kampfkunst ist eine wunderbare Möglichkeit Selbstvertrauen aufzubauen.“ Ja. Oder Rathausmitarbeiterinnen zu verdreschen und wegen vorsätzlicher Körperverletzung verurteilt zu werden. Oder Lehrerinnen anzugreifen und von der Polizei aus der Schule geworfen zu werden. Peter schlägt Mädchen.

Unschlagbar sind die Fächer Biologie und Gesundheit „Ziel ist es,[…] den eigenen Körper zu verstehen, ihn selbst zu heilen oder gar nicht erst krank werden zu lassen. Die Beherrschung der Gesundheit und des dauernden Wohlbefindens ist nach dem Studium eine Selbstverständlichkeit.“ Das ist ein ziemlich öder Dauerbrenner im Königreich, ein in der Szene übliches Eso-Geschwurbel der ewigen Gesundheit mittels Du-musst-nur-wollen-Medizin (forte).

Dergleichen mehr mögen sich die geneigten Leser selbst zu Gemüte ziehen. In den Reichsdozententagen wird es um, wer hätte das gedacht, die Dozenten der Akademie gehen. Folgende illustre Kandidaten sind vertreten:

  • Dr. Thomas Herb, Mathematiker, Erfinder einer eigenen Astrologie, Autor von Schwurbelliteratur und einem peinlichen Machwerk übers Königreich.
  • Richard Kandlin, Akademie-Welpe, Wunderkind und Schulungsexperte.
  • Ubbo Enninga, Künstler und Bildhauer. Und hey, Akademie: Ihr solltet es in Eurer unendlichen Weisheit wenigstens hinbekommen, die Namen Eurer Dozenten zu beherrschen. Enninga – vorne zwei, hinten ein „n“  – und nicht umgekehrt wie auf Eurer Website. Gern geschehen.
  • Annett Ullmann, lehrt unter anderem Charakterbildung und gutes Aussehen. Ist des Königs Gespiel und Tittenausstellung ein Medium, was hinreichend mit einer Urkunde der Bundesjugendspiele 1994 belegt ist. Öh.
  • Prof. Dr. Franz Hörmann, Wirtschaftswissenschaftler in Wien, der für 2011 die Abschaffung des Geldes orakelt hat und nicht nur damit daneben liegt. Mag Truther.
  • Michael Bergstein, Architekt aus Nürnberg. (Kalaueralarm: Was sind die letzten Worte des Architekten? Mir fällt da was ein.)
  • Und natürlich Peter, Sohn des Horst, Imperator Fiduziar und alleiniger Herrscher über das gloriose Königreich eine Krankenhausruine in Wittenberg.

Ohne vorab zu viel verraten zu wollen – die gute Nachricht ist: Alle Dozenten passen perfekt zur königlichen Akademie. Die schlechte: Alle Dozenten passen perfekt zur königlichen Akademie.

 

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10 Kommentare zu “Reichsdozententage (I): Eine weise Akademie entfaltet sich

  1. mit auch irgendwelchen Qualifikationen

    Die beste ist imho die (aktuell) letzte zu Hörmann: „Weitere Informationen folgen“. Keiner weiß, was er vermitteln wird bzw kann, aber eingekauft, eingekauft ist er schon.

    • Jahaa, aber Hörmann hat’s in sich! Mein Artikel, der über ihn erscheinen wird, enthält unter anderem die Buzzwords Holocaust, Insolvenz, Außerirdische und KenFM. Mehr wird nicht verraten ;-)

    • Hörmann hat’s in sich!

      Jahaa, aber was er denn genau davon auspacken wird scheint für die ‚Ja wie haben ihn‘-frohe Botschaft völlig irrelevant zu sein. So eine Art alleserfüllendes Lotterielos für eine Superausbildung zu einem Thema je nach Tagesform des Dozenten

      wird nicht verraten

      Ja wen interessiert denn auch, daß KenFM wg der Insolvenz dieser Außerirdischen den Holocaust überlebte?

      • Ja wen interessiert denn auch, daß KenFM wg der Insolvenz dieser Außerirdischen den Holocaust überlebte?

        *lol* :-)

      • Anonym

        oops sorry, hatte vergessen, die WörterpresseAnmeldung durchzuführen, sehr leicht verderblicher Keks… Ganz so anonym sollte es denn doch nicht sein…

  2. Was den Abschluss angeht: Da das Königreich ja mit Deutschland und der EU nicht kompatibel ist, können (Hoch?)(Schul?)Abschlüsse ja auch gegenseitig nicht kompatibel sein. Es dürfte nachgerade unmöglich sein, im Königreich Abschlüsse zu vergeben, die im Ausland anerkannt werden. Und umgekehrt.

    Das Königreich tickt auf einer ganz anderen feinstofflichen Ebene, das können wir in Deutschland gar nicht ermessen oder verstehen, geschweige denn nachprüfen. Deshalb sind die königreichlichen Abschlüsse so unendlich viel wertvoller als die schnöden „wissenschaftlichen“ Systemzeugnisse bei uns. Diese Häme gegen den ehrbaren Versuch, das Korsett des Systems zu umgehen, ist völlig unangebracht. Hier wird offensichtlich versucht, einen anständigen, bestbeabsichtigten und in jeder Hinsicht sehr vielfältigen und interessanten Lehrkörper a priori zu diskreditieren. Pfui!

    (Kann’s kaum bis zum ersten Artikel erwarten!)

  3. Ist es Wahnsinn, so hat es doch Methode. Bin selbst Verwaltungsjurist seit 7 Jahren, war aber vorher auch Strafverteidiger. Kenne also zur Genüge die „Herausforderungen“ durch derlei Personen. Auch aktuell. Für mich erstaunlich, dass Menschen mit eigentlich in der Vergangenheit ausgewiesenem, z. T. auch akademischem Verstand, dann derartig abdriften. Der Herr Fitzek hat aber offensichtlich sehr gute Helfer, die er aus derartigen „Abgedrifteten“ rekrutiert. Kommt manchmal fast „symphathisch“ rüber, dank (fast) professioneller Medienarbeit. Was haben solche Leute früher gemacht ? Ausgewandert wie die „Pllgrims“ aus England oder die „Altgläubigen“ aus Russland ? Zuweilen wünscht man sich noch freie Plätze auf der Erde, wo die unter sich sind und nicht ständig nerven.

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