Das Buch zum Königreich – eine Rezension des Grauens (2/2)

Na, schon erholt vom gestrigen Geschwurbel? Weiter geht’s mit dem Buch der Buchen, über Peter Fitzek, einen Möchtegerndiktator und seine grässlichen Allmachts-Utopien, geschrieben von einem seiner Jünger und noch gar nicht erschienen (aber dem aargks durch einen dem Fitzek nahestehenden Maulwurf (könnte auch eine Mäulwürfin sein) durchgesteckt).

[Update 6.9.2015: Jetzt hat der Könich den Stuss auch online gestellt – im Vergleich zu meiner vorab durchgechannelten ;-) Version 2 Prozent mehr Text, aber immer noch 100 Prozent Stuss. Und der Autor heißt plötzlich Hoffmann. Ist klar.] Was bisher geschah: Das literarische Ich erfährt allerhand Tolles, was die Gemeinde Talweiß, seit sie aus der pöhsen BRD in das gute Königreich eingetreten ist, widerfährt. Ich möchte bei der gestrigen Gesundheitsaufklärung anknüpfen und dem Konzept, wie man im Königreich gesunde Kinder zeugt [Romanzitate kursiv und blau].

Es gibt in dieser besseren neuen Welt nämlich …

[…] das verfassungsmäßige Recht auf Gesundheit und die Pflicht des Staates, die Gesundheit zu fördern.

Wenn ich also krank werde im Königreich, verstößt das gegen die Verfassung. Dann kommt der Oberste Inspektiv aka König/Diktator als Verfassungswächter und verknackt den, der gegen die Verfassung verstoßen hat, also den, der sie geschrieben hat, also sich? Oder verstößt dann die Krankheit gegen die Verfassung? Öhm. Dafuq?

Wurscht. Das muss man nicht verstehen. Verständlicher sind schon die HerrenIdealmenschenfantasien:

Die Deutsche Gesundheit geht da ganz andere Wege. Bei uns beginnt die Schwangerschaftsvorbereitung bereits lange vor der Zeugung. Denn wenn beim Vater und bei der Mutter der Körper,  Feinstoffwechsel, Hormonhaushalt etc. möglichst optimal funktionieren, dann minimiert sich die Wahrscheinlichkeit für solche Defekte auf ein Minimum. Deshalb weiß bei uns heute jeder  Schulabgänger, wie wichtig es ist, für einen gesunden Körper zu sorgen, bevor man ein Kind zeugt. Wenn ein gesundes Spermium auf eine gesunde Eizelle trifft, dann kommt etwas Gesundes dabei heraus.

Bin ich alleine mit Bildern im Kopf von „Mens sana in corpore sano“-Nazis aus dem SS-Lebensborn? Bonusfrage: Wenn es einen Feinstoffwechsel gibt, was macht dann der Grobstoffwechsel? Meine Nerven. Aber es kommt noch besser:

Und falls es doch zu einem Defekt kommen sollte, dann  erkennt der gesunde Körper der Mutter dies rechtzeitig und lässt den Embryo abgehen.

Die eklige, perfide und hinterfotzige Andeutung, die hinter eine solchen Aussage steckt, findet sich in ganz vielen Eso-Konzepten wieder. Ich überbersetze: „Tscha, Muttchen, hast ein behindertes Kind bekommen. Naja, Du warst halt nicht gesund, sonst wäre der Embryo abgegangen. Selbst schuld!“ Aber was erwartet man an medizinischem Grundwissen, wenn zum Thema Impfungen derartiges formuliert wird:

„Gerade bei Kindern ist das sinnlos und schädlich“

Ich fasse zusammen: Keine Ahnung von Medizin und stolz darauf. Stolz ist man in der Vorzeigegemeinde auch auf vieles weitere: Autos fahren bei Rot über die Ampel („Wenn es die Verkehrslage erlaubt“), Pyrolyse-Diesel kostet nur 50 Pfennige pro Liter und man weiß, dass die menschengemachte Klimaerwärmung natürlich Käse ist, weil:

Im wesentlichen kehrt die Erde jetzt zu einem alten Gleichgewicht  zurück, aus dem sie vor ein paar Tausend Jahren durch globale Naturkatastrophen herauskatapultiert wurde. Das wäre auch so,  wenn es gar keine Menschen, Autos, Fabriken, Heizungen etc. gäbe.

Ich lass das mal so stehen. Das Geschwurbel nimmt kein Ende, Hitler sei vom internationalen Bankenkartell finanziert gewesen, die BRD ist ein Besatzerkonstrukt, nicht souverän blablabla. Mir neu hingegen war das königliche Konzept des Altersruhestands: Wer in Rente geht, muss in ein Pensionshaus einziehen. Auch wenn er nicht will. Aber immerhin darf er seine alte Butze, falls vorhanden, vermieten und bekommt die Einnahmen.

Hach, was ist es alles schön im Königreich, und alles wäre ja schon viel früher gekommen, wären da nicht die pöhsen Schlafschafe:

Du glaubst gar nicht, was wir zum Teil erlebt haben, bevor die BRD das Königreich faktisch anerkannt hat. Die haben alle Mittel  angewandt, um das Projekt kaputt zu machen. Zuerst wurde alles  totgeschwiegen. Als der Zulauf dennoch immer größer wurde, wurde es lächerlich gemacht. Die hatten extra dafür Internetportale erstellt, in denen hämisch-sarkastisch-polemisch über uns hergezogen wurde.

Da muss ich korrigieren: Das Sonnenstaatland und das zugehörige Anti-Reichsdeppenforum sind keineswegs dafür erstellt, über seine Fitzeligkeit zu polemisieren. Da nimmt sich seine Herrlichkeit zu wichtig. Denn er ist bei weitem nicht der Einzige und wahrlich nicht der Erste, der mit reichsdepperten Ideen hausieren geht.

Zurück zum Buch, denn jetzt kommt der Twist der Twister, der Turn der Turner, ein nie gesehenes stilistisches Mittel, das die Literaturkritik in Begeisterungsstürme stürzen lassen wird, Rhetorik-Seminare in aller Welt werden das neue Phänomen versuchen zu ergründen – nicht. Denn Achtung, am Ende der 57 Seiten wacht der Ich-Erzähler im Zug auf. Alles nur geträumt.

Das. Ist. So. Gähn. Ich. Glaub. Es. Nicht. aargks!

Stilistisch bewegt sich das Werk auf dem Niveau eines Drittklässler-Aufsatzes. Das muss nicht schlecht sein, ist aber auf knapp 60 Seiten mehr als ermüdend. Inhaltlich vorhersehbar folgt es dem immer gleichen Strickmuster (Protagonist ist erstaunt, wird aufgeklärt, ist begeistert).

Die Utopie, die der Autor hier entwirft, ist bei genauerem Hinsehen eine Dystopie, denn ein reales Königreich mit den Fitzek-Vorstellungen sähe folgendermaßen aus: Über die königlichen Gemeinden, die eine Säuglings- und Kindersterblichkeit auf Dritte-Welt-Niveau haben (keine Impfung, keinerlei medizinisches Grundwissen), herrscht ein Diktator, der jenseits aller Gesetze steht. Die Menschen sind mangelernährt, sie nehmen kaum Vitamine zu sich (Gewächshäuser funktionieren halt nicht mit freier Energie). Dafür kostet der Sprit fast nix. Was den Gemeinde-Insassen wenig bringt, denn die königliche Pyrolyse-Anlage hat noch nie funktioniert. (Warum sie überhaupt mit Verbrennungsmotoren ihre Gesundheit verpesten wollen, wo sie doch über unendlich viel elektrische Raumenergie verfügen, bleibt ein Rätsel.) Habe ich die Kindheit überlebt, werde ich zu Arbeitsdiensten im Reich herangezogen (wo habe ich sowas schon mal gehört, denkdenkdenk …), denn ich zahle zwar keine Steuern, dafür hat der Staat auch nix, womit er Infrastrukturen schaffen könnte. Habe ich Frondienste und besagte Mangelernährung überlebt, werde ich am Ende meines Arbeitslebens in Rentnerheimen zwangsghettoisiert.

Doofe neue Welt.

Das einzig positive, das sich über dieses Werk sagen lässt: Es ist mit knapp 60 Seiten so kurz gehalten, dass man schnell damit durch ist. Jede weitere Seite wäre eine Leidensverlängerung, die selbst der sadistischste Folterknecht aus den Kellern der Heiligen Inquisition aus humanitären Gründen abgelehnt hätte. Oh, hier noch der aargkssche Verbesserungsvorschlag für Imperator, Autor und Königspudel: Der nächste Winter kommt bestimmt. Da das Königreich über keine Heizung verfügt bzw. diese nicht bezahlen kann, nehmt das Manuskript, steckt es in den Ofen, es wird Euch ein paar Minuten Wärme spenden. Damit wäre Euch geholfen. Und der Literatur, wenn dieses Machwerk nie das Licht der Öffentlichkeit erblickt.

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Wer einen Überblick über das Reichsdeppentreiben haben mag, dem empfiehlt das aargks ganz unbescheiden die eigenen Reichsburgerwochen.

Wie sich der König von Schland in jüngster Zeit demontiert (mit freundlicher Unterstützung des Spaßprojekts Sonnenstaatland et al.), kann in mehreren Akten und auf verschiedenen Plattformen nachgelesen werden:

Wie der König allen Ernstes glaubte, eine Stadträtin möchte ihn wegen eines Gemeindeübertritts treffen: PING.

Wie der König sogar in Telefonaten mit der angeblichen Gemeindeübertreterin nichts kapiert hat: PONG.

Wie der König und seine Pudel dafür allen Ernstes in Frankfurt auf- und später um sich schlugen:

Wie der König jeden Spaßhappen reinfrisst, den man ihm vor die Nase hält: ZING.

und, und und.

6 Kommentare zu “Das Buch zum Königreich – eine Rezension des Grauens (2/2)

  1. Hm.

    Entweder die Prämisse der ganzen Erzählung ist paradox (wieso muss sich der Reisende all das überhaupt erzählen lassen? Wenn das alles so paradiesisch ist, muss er doch wie jeder andere Mensch auf der Welt, längst davon gehört haben)

    oder

    es gibt die Meta-Ebene, dass der Reisende Opfer eines wirren Laberers ist und von den Fantasien so fasziniert, dass er den Wahnvorstellungen des Redenden folgt der von blühenden Landschaften faselt während man in Wahrheit über eine menschenleere Industriebrache stolpert. Also in gewisser Weise der Reisende die Stellung einnimmt, die „wir“ als amüsierte Beobachter des Fitzekschen Traumschlosses einnehmen wo alles „wird“ aber nichts „ist“.

    Im ersten Falle dürfte man hinter dem Autoren einen manischen Schwalllappen vermuten, der (wie es immer wieder geschieht) dermassen viel Mittteilungsdrang hat und von den eigenen Fantasien so fasziniert ist, dass er entschieden hat darin zu leben und darüber schreibt um sich davon abzulenken, dass die Welt eine andere ist. Die Geschichte muss daher keinen logischen Ausgangspunkt haben, weil der Reisende einfach nur als Projektionsfläche für den eigenen Film im eigenen Kopfkino abgibt.

    Im zweiten Fall könnte es sich im Literatur handeln (aus den Ausschnitten so nicht bewertbar).
    Da würde ich mittlerweile nicht mehr ausschliessen, dass der Autor ein Sonnenstaatler ist, der mit der überzogenen Satire den NeuDeutschen den Spiegel vorhält, die das natürlich nicht raffen und die eigentliche Ebene der Erzählung nicht erfassen…

    • hihi, schöne Analyse :-)

      Der Autor ist sicher keine Sonnenstaatler. Denn das Büchlein ist ganz und gar ohne den winzigsten Funken Satire oder auch nur ein wenig Humor geschrieben. Die meinen das alles sehr ernst, und das hat es so anstrengend und langweilig gemacht zu lesen.

      Ansonsten: Quellenschutz … sorry.

  2. naja, ich muss ehrlich zugeben, als ich damals während des Studiums Francis Bacons‘ Neu-Atlantis lesen musste, war das für mich ähnlich absurdes Zeugs, bei dem ich den Eindruck hatte, dass es eigentlich das Gegenteil von dem aussagt als es soll. Von der unterschiedlichen sprachlichen Qualität einmal abgesehen, erinnern mich die absurden Aussagen aus dem Königreich-Buch schon ein wenig daran.

    Merken tun die das aber eh nicht. Mir fällt dabei nämlich ein, dass mein erster Kontakt mit der Szene vor ca. 12/13 Jahren gewesen sein muss, nachdem ich aus einer Laune heraus einen kleinen Roman (falls man eine doch eher recht kurze Erzählung so hochtrabend bezeichnen darf) geschrieben hatte, in der es um eine Gruppe Jugendlicher ging, die sich auf einem kleinen Landsitz autonom machen wollten und letztendlich so einen eigenen Staat gründen, im Prinzip also das Fitzeksche Königreich oder das Fürstentum Germania, nur ohne Nazis ;-). Die Geschichte hatte einige Logikfehler und hätte auch nochmal dringend lektoriert werden müsse. Da war ich aber zu faul dazu und hab die ganze Schose einfach unkorrigiert ins Netz gestellt.

    Das große Feedback davon war überraschend. Das Problem war aber, dass nur einige Wenige die Intention der Geschichte verstanden. Letztendlich machen diese Jugendlichen dann, als sie die Möglichkeit haben, selbst „Staat“ zu machen, nichts auch nur eine Spur besser als „echte“ Staaten (Hauptinspiration war wohl Herr der Fliegen). Das haben die meisten dann aber schlicht überlesen. Und das, obwohl die Geschichte völlig überzogen mit einem brutalen Selbstmordattentat endet. 90% der Leser schwärmten mir was davon vor, dass sie auch gern so was machen. Einer fand sogar das Selbstmordattentat einen duften Ausdruck von Freiheit.

  3. Ich muss ehrlich zugeben, dass ich, als ich während dem Studium Neu-Atlantis von Francis Bacon lesen musste, mir das ähnlich absurd vorkam. Merken tun die das aber eh nicht, ich hatte so vor ca. 12/13 Jahre aus einer Laune heraus eine kleine Erzählung mit einer ähnlichen Handlung geschrieben, also eine Gruppe von Menschen (in dem Fall Jugendliche), die auf einem kleinen Landgut versuchen, einen eigenen Staat zu gründen. Das Ganze hatte einige Logikfehler und ich war zu faul, es noch mal zu überarbeiten, so dass ich es einfach so ins Netz gestellt habe.

    Das Feedback war überraschend hoch. Blöderweise verstand nur ein kleiner Bruchteil der Leser den Sinn der Geschichte, auf dem Landstrich entsteht keine Basisdemokratie, sondern eher eine Gebilde mit diktatorischen Zügen. Hauptinspiration war wohl Herr der Fliegen. Aber ich bekam ständig Emails von Leuten, die mir erzählten, wie gerne sie das doch auch machen würden. Einer fand sogar das Ende ganz toll. Die Geschichte endete völlig überzogen mit einem Selbstmordattentat. Die Leute haben eigentlich genau das Gegenteil in die Geschichte gelesen, als was wirklich drin stand. Und, auch wenn ich heute mit Abstand mein „Werk“ für deutlich mittelmäßiger halte als ich es damals naturgemäß gehalten habe, versteh ich bis heute nicht, wieso man das so interpretieren konnte.

    • Frag mal R.A. Wilson… Illuminaten, 23… Der hat unfreiwillig eine Renaissance des halb vergessenen Vereins angestossen.
      Bei den Antisemiten hat das Verwischen des Unterschieds fiktional nicht fiktional schon Methode und hat solche Mythen wie die Protokolle geboren als auch die Geschichte um Rothschilds-Waterloo-Spekulation.
      Wo wir schon bei Eco sind – der hat mit dem „Pendel“ es allerdings geschafft, ein anscheinend unmissbrauchbares Buch voller VTs hinzulegen.

      Aber das Probleme kennt man vielleicht aus der Grundschulzeit noch.
      Da gabs Kinder, die verstanden einen Text nicht, konnten ihn nicht zusammen fassen, waren nicht in der Lage die Kerngedanken widerzugeben usw. Das fiel denen aber gar nicht auf. Die dachten natürlich, sie verstehen es. Verstanden es aber nicht. Die anschliessenden frustranen Dialoge mit dem Lehrer gab letzterer dann irgendwann auf. Das hat geprägt, und ich denke mal das ist eine Erfahrung, die so manche VTler verbindet und ein Lebensnebenziel hat entstehen lassen: Demütigung zu vermeiden und eine Strategie zu finden, die anderen einzuholen/zu überholen, ohne so schnell zu sein wie die. Den Trotz, der da entsteht, spüren dann die debunker Jahre später, wo sie unwillkürlich in die Rolle des Lehrers schlüpfen, der erklärt was man alles nicht/falsch verstanden hat. Da durchzudringen bzw. die Mechanismen nicht zu aktivieren, ist beim debunken (sofern einen das überhaupt interessiert) eine Schwierigkeit, die vielleicht auch nicht immer so ganz bewusst ist. Zudem die Lust an der Demütigung (wie VTler das mehr oder weniger bewusst empfinden, was vielleicht einfach nur Spass ist)… aber lassen wir das…

      Nach der 4. Klasse waren die erst einmal aus den Augen, aus dem Sinn.
      20 Jahre später malen diese Kinder Kreise auf Bilder vom Mond und fühlen sich wie Sherlock Holmes. Glücklicherweise gibt es das Internet, dass diese Individuen dann zusammen führt und ihnen die Illusion gibt, mit 600 facebook-Freunden eine geistige Elite zu bilden.

  4. Hat dies auf Buchbude rebloggt und kommentierte:
    Hier nun – mit ein paar Tagen Verspätung, sorry – der ersehnte zweite Teil der Rezension von „Bessere neue Welt“, dem Schwurbel-Meisterwerk zum Thema Königreich Deutschland. Leset und genießet!

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