Wünschelruten und das journalistische Totalversagen des SR

Ich will meine GEZ-Gebühren zurück. Am 4.4. stellte der Saarländische Rundfunk unter Beweis, dass er mit Journalismus rein gar nichts am Hut hat: Die Sendung „Wir im Saarland – Unterwegs mit der Wünschelrute“ jubelte 30 Minuten lang über die Stöckchenschwenker. Ohne eine einzige kritische Frage.

Dass Wünschelruterei nicht funktioniert, dass die pseudowissenschaftlichen Erklärungen der Protagonisten Quark sind, dass hinter Zufallstreffern beim Stöckchenschwenker unbewusste Prozesse stecken – all das kann man mit ein paar Minuten Rechercheaufwand im Netz finden.

Es sei denn, man arbeitet beim Saarländischen Rundfunk, wo man journalistisch saubere Arbeit durch unkritisches und denkverweigertes Kuschel-TV ersetzt.

Schon die Anmoderation ist eine intellektuelle Zumutung, den es gehe in der Sendung um Wasseradern und Erdstrahlen. Die gibt es zwar beide nicht, aber wenn man weiter wichtig erzählt, dass man „schon in vergangenen Jahrhunderten […] den Einsatz von Rutengängern“ schätzte, ist man auf der sicheren Seite. Naja, in den vergangenen Jahrhunderten hat man auch den Einsatz hiervon geschätzt – ich für meinen Teil bin froh, dass wir drüber weg sind. Es ist eine erbärmliche Eso-Taktik, „früher“ mit „richtig“ zu verwechseln. Aber das ist ein anderes Thema.

Schnitt, Außenaufnahme: Der SR hat keine Kosten (GEZ) und Mühen gescheut und ein hübches Blondchen in die Wiese gestellt, ihr ein Mikro in die Hand gedrückt und Kurt daneben gepackt. Der ist Stöckchenschwenker, nennt sich wichtig Geopathologe und bringt Blondchen jetzt das Rutenwedeln bei.

Vorher gibt er ihr noch eine theoretische Einführung: Er erklärt, woher die Erdstrahlung kommt, nämlich aus dem Innern der Erde, wo es „laut Experten“ 6.000 oder 20.000 Grad heiß sei. Mh ja, eher ersteres, aber egal. Und diese Strahlung müsse raus. Hui, Kurt hat die Wärme entdeckt, herzlichen Glückwunsch.

Dann wird’s wirr, Zitat: „Jetzt nehmen wir eine Wasserader, und die Strahlung, die da durch läuft, verstärkt die Abstrahlung der Wasserader.“ Die Wasserader (ein esoterisches Konstrukt, das in der wirklichen Welt gar nicht existiert) strahlt nämlich, weil durch Reibung im Erdreich Elektrizität entstehe und durch die Erdstrahlung entsteht über der Wasserader ein noch stärkeres Feld. Wovon auch immer, böse Strahlung eben. Muss man ja nicht erklären, Strahlung ist immer böse bei Esos.

Dann ab nach draußen und Kurt erklärt Blondchen, dass man zwei Antennen in die Hand nimmt, und wenn man über eine Belastung laufe, verspanne sich der Körper und die Stöckchen gehen zusammen. Blondchen probiert’s aus, und „Uh, da tut sich was …“ Leider tut sich nix in ihrem Gehirn, sonst hätte sie schon lange mal eine Frage gestellt. Kurt nuschelt auch ständig von Globalgitternetzpunkten und Curry-Gitter und redet dann immer so schnell, weil er wahrscheinlich weiß, was er für einen Stuss verzapft.

Zurück im Studio beglückt eine einfältige Moderatorin Kurt und noch nen Ruter als nette Stichwortgebertante, stellt keine einzige kritische Frage, lässt die zwei ihren Blödsinn erzählen.

Ein weiterer Außeneinsatz beschäftigt sich mit Elektrosmog, uiuiui. Kurt, der Ruter, und Blondchen, die Journalismus-Simulantin, untersuchen ein Zimmer. Mit allerlei Piepsgerätschaften latscht Kurt im Zimmer rum und findet, na klar, ne Wasserader. Das könne, erklärt der Erleuchtete, schlechten Schlaf bis hin zu Krebs verursachen.

So was macht mich wahnsinnig: Nicht nur, dass diese Geschäftemacher mit der Angst von Menschen vor schweren Krankheiten spielen. Sondern besonders, dass der öffentliche Rundfunk diesen Schwachfug unkommentiert stehen lässt. Blondchen und die Studio-ModeratorinKuschelfee schenken sich hier nix.

Und so geht’s weiter, im Studio und draußen, die Dummheit ist zum Wasseradern heulen. Man könne nach Öl suchen, tue dies auch, hänge es aber nicht an die große Glocke. Ja klar. Man hat Wasser an einer erwünschelten Stelle gefunden in 34 Metern Tiefe. Wow, ich würde es Grundwasser nennen. Kurt erklärt Blondchen so lange eine Stelle, wo etwas zu finden sein muss, bis – oh Wunder – ihre Tentakeln ausschlagen. Es wird gelabert über Heilpflanzen, die besonders gut wirken, wenn sie auf durch Erdstrahlen belasteten Punkten stünden undsofort undsoeso.

Keine. Einzige. Kritische. Frage.

Die Reporter Jubelperser des SR sind so unfähig, dass sogar einer der Stöckchenwedler im Studio darauf hinweist, dass die Wünschelruterei wissenschaftlich nicht anerkannt sei (redet sich aber gleich raus, dass es ja seit Jahrhunderten erwiesen und sowieso und überhaupt).

Ich erwarte von einem Vorabendlokalmagazin keine investigativen, sensationellen Aufdeckungen. Aber ein bisschen Nachdenken hat noch keinem geschadet. Auch nicht dem Journalisten.

16 Kommentare zu “Wünschelruten und das journalistische Totalversagen des SR

  1. Trotz vorhndn. praktischer Kenntnisse ua. in Entwicklung und Bau von sogn. Elektrostatischer Maschinen, piezokeramischer Wandler und vielerlei anderer
    misttechnischer Apparaturen, ist es meiner Unwissenheit bis heute komplett schleierhaft wie sich aus einem nassen Sandsack durch „Durchströmung !!!“ irgendein Elektrisches Potentzial/Feld, aufbauen lassen sollte.
    Ich will auch eine Ausbildung vom Arbeitsamt als
    Dummbatzfeldtechniker zum Nobellpreisträger für die
    vereinheitlichte Dummbatztheorie.

    Ich danke für meine nicht vorhandene Geduld.

    Ps.: Ein sehr grober Entwurf für den Dummbatzfeldharmonisierer
    der mit bio-Hundescheiss (Steuerpflichtig) betrieben wird
    wird der bekloppten Öffentlichkeit „kostenfrey“ zur
    Verfügung gestellt.

    • ist es meiner Unwissenheit bis heute komplett schleierhaft wie sich aus einem nassen Sandsack durch “Durchströmung !!!” irgendein Elektrisches Potentzial/Feld, aufbauen lassen sollte.

      ja, das wissen auch nur die Eso-Götter…

  2. Aargks, ich fühle mit Dir! Ich konnte dieses Geblubbere inklusive pieseliger Gitarrenuntermalung keine 3 Minuten aushalten.

    Ansonsten bin ich ganz entsetzt über mich, quoll aus mir während der Lektüre an der einen oder anderen Stelle doch gar dreckiges Gelächter hervor.

      • Dahlke… Respekt!

        Da fällt mir ein… irgendwo in den Untiefen meiner Behausung flattert noch eine CD von ihm herum, die mir ein mich gründlich missverstehender Zeitgenosse einmal geschenkt hat… der Titel war „Engel-Meditation“ oder so ähnlich. Überlasse ich Dir gerne zur Rezension, falls Du im Training bleiben willst.

  3. Kleiner Klugschiss: Die Stichwortgebertante „zurück im Studio“ ist sicher nicht einfaltslos, ganz im Gegenteil ;)

    Aber egal, gut, dass unser Gebührengeld so offensichtlich gut angelegt wird :/

  4. @gnaddrig

    aber näxtens korinthenkackst Du aber biiiiiteschön richtig, alldieweil ich gerade 8 (in Worten ACHT) Räschdchraibfertipsslfeler rausgefischt hab, grummel (hab gestern versehentlich anstatt auf „Speichern“ auf „Publizieren“ gedrückt und drum das Redigieren schleifen lassen…)

    • Die hatte ich wohl gesehen (ohne Anspruch auf Vollständigkeit, habe nicht mitgezählt), mich aber auf die Anzeige des sinnentstellenden Tippfehlers beschränkt. Ich habe, um das mal etwas blumig weiterzuspinnen, also Deine Publikationsentscheidung ausdrücklich mit den divergenten Schreibungen respektiert. Wenn man so brisante und brandaktuelle Artikel schreibt und praktisch schon veröffentlicht, während der Abspann der besprochenen Sendung noch läuft, ist es ja auch kaum vermeidbar, das Texte mit heißer Nadel zusammengeschustert werden. Da sind die Tippfehler Zeichen von Authenizität ;)

  5. @Lalaburg

    Titel war “Engel-Meditation” oder so ähnlich. Überlasse ich Dir gerne zur Rezension, falls Du im Training bleiben willst.

    ääääääähhhhh. Nein. ;-) Bleib mit bloß vom Leib mit diesem Scharlatan – noch eine CD (oder mehrere) anhören zu müssen, würde meine geistige Gesundheit arg beeinträchtigen.

  6. Der Saarländische Rundfunk fällt immer wieder durch unkritisches oder verharmlosendes Verhalten gegenüber Esoterik und Quacksalberei auf.

    • „Wie kann man so fett sein?“ brüllt der Plastikschamane, dessen Gürtel die Wampe betont, die durch sein schwarzes Leibchen nicht wirklich überdeckt wird, an. Ich lach mich tot, danke, Sascha, für den Link!

      Abseits der Realsatire ist das in der Tat ein Armutszeugnis für den SR.

      Owehoweh, ich trau mich gar nicht, den zweiten Film anzusehen ;-)

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