11er des Monats: Kreationismus reloaded

Im zweiten 11er des Monats (hier ist der erste)  geht’s nochmal um Kreationisten. Besonders gut gefällt mir, wie man diese Spezies mit der Thermodynamik ärgern kann. Aber lest selbst im Gastbeitrag von naturundwirtschaft.

Argumente der Kreationisten Teil 2

ein 11er des Monats von naturundwirtschaft

Schon beim letzten Mal haben wir einige Argumente von Kreationisten kennengelernt. Dabei sind vor allem Argumente gegen die Evolutionstheorie (die natürlich nicht haltbar sind) gemacht worden. Heute möchte ich euch deren Argumente im Bereich der Genetik und „für“ den Kreationismus geben und wie man am besten darauf reagiert (mit Ausnahme des Ignorierens).

Kreationist: Gene können nicht von alleine entstehen, da sie Informationen enthalten und Informationen werden geschaffen (häufig kommt hier der Vergleich mit einem Computerprogramm). Dieses Argument ist schon die Vorstufe zum sogenannten Watchmaker-Argument, dass ich dann etwas später diskutieren werde.

Ich: Erkläre ihn erst einmal das Abiogenese (Entstehung des Lebens) und Evolution (Entwicklung des Lebens) nicht das Gleiche ist. Dann erkläre ich, dass Informationen (wie schon bei den Arten) ein menschlicher Gedankenbegriff ist. Und soweit hat er recht: Ohne intelligentes Leben würde es keine Informationen geben. Da Informationen eine Interpretation von Dingen und Zuständen ist. Ohne Intelligenz gibt es keine Interpretation. Wenn man nämlich auf dem Boden einen Stein sieht, dann bekommt man die Informationen (bekommen ist eigentlich ein schlechter Ausdruck, denn wir bekommen nichts von Außen, sondern unser Gehirn interpretiert Reize): „Stein ist auf dem Boden.“

Wenn der Kreationist das versteht, sollte das Argument damit widerlegt sein.

Kreationist: Nach dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik hätten gar keine Gene und Leben entstehen können. Deswegen war es Gott.

Ich: Wenn die Diskussion schon ein wenig länger dauert, dann darfst du den Kreationisten jetzt ein wenig ärgern. Denn aus meiner Erfahrung haben sie gar keine Ahnung von Thermodynamik. Frage ihn, ob er in seinen eigenen Worten die anderen Sätze der Thermodynamik erklären kann. Jetzt blamiert er sich vermutlich und wenn nicht, dann kannst du fortführen.

Weise ihm wie beim Argument oben hin, dass Abiogenese und Evolution nicht das Gleiche ist. Und nun zur Thermodynamik. Nach dem 2 HS d. Td streben Energiemaxima sich abzubauen und in Energieminima zu fließen. Dieser Vorgang ist nicht umkehrbar. Das gilt aber nur, wenn man ein abgeschlossenes (kein Energie-/ und/oder Materieaustausch) System betrachtet. Energie kann zwischen den Systemen transportiert werden. So bekommt unser offenes System Erde seine meiste Energie vom offenen System Sonne.1

Kreationist: Mutationen führen nie zu einer Verbesserung, sondern immer zu Krankheiten (Gendefekten). Kreationisten, die dieses Argument anbringen glauben meist auch nicht an die Mikroevolution.

Ich: Frage ihn, ob er die Mikroevolution für wahr hält. Wenn er es bejaht, dann verweise ich ihn darauf. Wenn er es verneint, dann weise ihn darauf hin, dass er selbst im Vergleich zu seinen Eltern ein Mutant ist. Er besitzt Gene, die seine Eltern nicht besitzen und damit meine ich nicht, die phänotypische Ausprägung. Rate ihm und seine Eltern zu einem Gentest. Ansonsten Verweise ihn auf Zuchtergebnisse und diverse Experimente.

Kommen wir nun zum vermeintlich „stärksten“ Argument der Kreationisten. Dem sog. Watchmaker Argument (deutsch Uhrmacher Argument) bzw. der Watchmaker Analogy. Dieses möchte ich nicht wie vorher in einer Diskussion abhandeln. Sondern beschreibe erst einmal was es aussagt und wo seine Stärken und Schwächen liegen. Die Aussage ist relativ einfach: Eine Uhr (Wahlweise wird hier auch gerne ein Flugzeug oder ein Bild genommen) besitzt einen komplexen Mechanismus. Lebewesen besitzen auch einen (bzw. mehrere) komplexen Mechanismus. Eine Uhr wurde von einem (mehr oder weniger) intelligenten Wesen geschaffen, deswegen müssen die Lebewesen auch von einem intelligentem Wesen geschaffen worden sein.

Kommen wir jetzt also zuerst zu den Stärken des Arguments. Durch den Vergleich und der Verbildlichung von Eigenschaften einer Uhr mit Eigenschaften eines lebendigen Organismusses entsteht im Gehirn von Menschen eine verständliche Verknüpfung. Es erscheint logisch, dass eine Uhr immer von jemandem gemacht worden sein muss und da Lebewesen ähnliche Eigenschaften haben muss es auch so sein?!

Falsch!

Und schon sind wir bei den Schwächen. Hier werden zwei unterschiedliche Dinge (etwas lebendiges mit einem Gegenstand) miteinander verglichen, die „nur“ ähnliche Eigenschaften haben. Dies darf man nicht machen. Zumindest darf man nicht auf einen ähnlichen Ursprung verweisen. Selbst wenn beide biologisch wären dürfte man das nicht tun. In der Biologie gibt es z.B. analoge und homologe Organe. Analoge Organe sind (phänotypische) Ausprägungen von Organen bei zwei

völlig unterschiedlichen Lebewesen. Ein Beispiel ist hier der Maulwurf und die Maulwurfsgrille. Beide haben Schaufelförmige Vorderläufe um graben zu können. Aber sie sind genetisch völlig verschieden. Beide Organe haben sich völlig unabhängig voneinander entwickelt. Anders sieht es bei homologen Organen aus. Dabei handelt es sich um Organe, die ähnlich sind, weil sie eine genetische Verwandtschaft haben. Als Beispiel sind hier die Hände von Menschen und anderen Primaten zu sehen.2

Wie nicht nur der Name „Uhrmacher Analogie“ verrät, vergleicht der Kreationist im analogischen Sinne der Wörter hier Apfel und Ei.

Natürlich wird das einen Kreationisten nicht überzeugen, deswegen kontere ich (anders als andere ETler) mit einer eigenen Analogie. (Normalerweise macht man das nicht, denn Analogien sind keine Beweise, aber einige Menschen scheinen wissenschaftliche Methoden nicht zu verstehen).

Man tut alle Einzelteile einer Uhr in eine Box und schüttelt sie. Irgendwann stecken zwei Teile (anscheinend zufällig) zusammen. Das symbolisiert die Mutation. Wenn diese Teile im Sinne der Uhr „richtig“ zusammen stecken fixiert man diese. Diesen Vorgang symbolisiert die Selektion. Und nach ein paar tausend Jahren (vielleicht auch nach millionen Jahren, habe es nicht ausprobiert^^) hat man eine voll funktionsfähige Uhr.

Natürlich sagt diese Analogie genauso wenig etwas aus, wie das Watchmaker Argument selber, aber man kann sehr viele Kreationisten damit beeindrucken.

So das war es erst einmal mit dem Kreationismus. Zumindest sind das viele Argumente mit denen ich persönlich konfrontiert wurde. Wenn mir noch andere einfallen, dann werde ich sie auch noch posten.

1.http://www.tf.uni-kiel.de/matwis/amat/mw1_ge/kap_5/backbone/r5_3_1.html

2. Lehrbuch der vergleichenden Histologie der Tiere, Karl Camillo Schneider, Jena, Fischer, 1902

hierzu auch http://www.biodiversitylibrary.org/title/1673#page/108/mode/1up

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