Reichsburgerwochen II: “Da stimmt doch was nicht” – das Problem des Reichsbürgers mit Grundgesetz und Souveränität

Der Reichsbürger hat’s gerne souverän. Wer nicht? Nur liegen beim Reichsbürger zwei ganz grundsätzliche Missverständnisse vor: Zum einen, was staatliche Souveränität bedeutet. Er verwechselt nämlich Souveränität mit so etwas wie zwischenstaatlicher Anarchie. Das ist sein erster Denkfehler. Der zweite ist, dass er meint, nur wo Verfassung draufsteht, ist auch Recht drinnen (was immer er mit Recht meint). Seine Prämissen sind damit von Anfang an im Arsch, was ihn aber nicht davon abhält, als logischer Geisterfahrer entgegen der Vernunft loszubrettern. Das endet immer im argumentativen Totalschaden. Was die Reichslogik in keinster Weise stört.

Ich beschäftige mich seit ein paar Jahren mit der Szene. Und ich bin mir bis heute unsicher, was der Reichsdödel meint, wenn er „Souveränität“ brüllt. Mir scheint, er will im Grunde eine Art Anarchie. Oder Anomie. Wobei weder das eine noch das andere den Souveränitätsbegriff der Reichswurst korrekt beschreibt – am ehesten scheint es mir, dass er einer Art interstaatlicher Willkür nachhängt. Die Definition von Souveränität eines Reichsbürgers würde mich wirklich interessieren. Aber da tappe ich im Dunkeln (auch der Reichsbürger, wie mir scheint).

Jedenfalls missversteht er fundamental, dass Staaten durchaus souverän sein können, ohne sich alles zu erlauben, worauf der Führer ihre Völker oder Politiker gerade Lust haben. Dafür schließt man Verträge, geht Bündnisse ein (NATO, EU, Bunte-Abo). Ob diese einzelnen Verträge juristisch oder ethisch in Ordnung sind, steht auf einem anderen Blatt, das soll hier nicht Thema sein.

Trotzdem sammelt der erleuchtete Reichsheini fleißig „Beweise“, weshalb Deutschland nicht souverän sei. Beispiel: Ihm kommt wenige Jahre nach WK Zwo etwas seltsam vor: Der Überleitungsvertrag nämlich. Da steht im Wesentlichen, dass man der BRD Souveränität einräumt, gleichwohl mit Einschränkungen. Zum Beispiel, dass von den Besatzungsmächten erlassene Urteile nicht angefochten oder rückgängig gemacht gemacht werden dürfen. DAS ist der Beweis!!!!eins!!!elf!!11!!! dünkt es den Reichsburger.

Kurzer Plausibilitätscheck: Nicht lange, nachdem das Deutsche Volk unter GröFaZ Europa in Schutt und Asche gelegt, einen Weltkrieg entfesselt, sechs Millionen Juden, Sinti und Roma und Andersdenkende ermordet hat – da wird der gerade einmal sechs Jahre jungen Bundesrepublik der Weg in die staatliche Souveränität geebnet. Mit Einschränkungen. Mir erscheint es plausibel, bei solch einem Völkchen von Dichtern und Denkern Mördern und Henkern ein klitzekleines bisschen Vorsicht walten und es nicht von jetzt auf gleich von der Leine zu lassen.

Aber was red ich von Plausibilität, braucht das Reichsbrötchen ebenso wenig wie Geschichtswissen. Darum geht es munter weiter: Die Amis, Briten, Franzosen – je nach Besatzungszone (die Russen kommen übrigens so gut wie nie vor) – hatten ihre eigenen Polizisten und Befugnisse. DAS ist jetzt aber der Beweis!!!!eins!!!elf!!11!!! Nicht. Ist halt Vertragssache, liebe Leute. Und eben dieser Umstand, dass man in der Lage ist, gegenseitig Veträge einzugehen, spricht ja auch so’n bisschen für Souveränität.

Zeitsprung: ABER DASS die NSA Merkel abhört, das ist doch der ENDGÜLTIGE BEWEIS!!!eins!!!elf!!11!!!. Leute, nein. Das ist nur eine Schweinerei, amoralisch, unethisch und gehört sich nicht. Ist aber Usus unter „guten“ Freunden.

Ein weiteres ganz arges Problem hat der Reichsjurist mit dem Wort Grundgesetz. Denn, mault die Reichserbse, wir haben nicht einmal eine Verfassung. DAS ist der Beweis, Deutschland ist nicht souverän!!!!eins!!!elf!!11!!!

Leute: Auch wenn im Grundgesetz steht, dass man bis zur Wiedervereinigung jenes provisorisch nutzt bis zu einer gemeinsamen gesamtdeutschen Verfassung (die wir mit 2 plus 4 haben, nur heißt’s  halt weiter GG) – es ist ganz und gar wurscht wie man das Kind bezeichnet: Nenn es Verfassung, nenn es Grundgesetz, nenn es Vogonenfurz, es ist egal. Wichtig ist, was drin steht.

Das kapiert der Reichi nicht. Oder er will es nicht. Wer mit einem derart verkorksten weil letztlich nicht definiertem Begriff von Souveränität losrennt, kommt überall an, nur nicht in der Realität. Und wer unbedingt darauf besteht, dass ein Staat nur ein Staat ist, wenn seine Grundlage für ein geregeltes Zusammenleben „Verfassung“ heißt, darf halt auch kein Twix mehr essen.

6 Kommentare zu “Reichsburgerwochen II: “Da stimmt doch was nicht” – das Problem des Reichsbürgers mit Grundgesetz und Souveränität

  1. Ich finde es immer schick, wie die Reichsfuzzis darauf herumreiten, dass die „BRinD“ eine GmbH sei und darum gar keine hoheitlichen Befugnisse haben könne. Der eine Typ im Wohnwagen verweigert, habe ich gehört, die Annahme von Briefen, weil der Postbote ja illegal im Dienst eines nichtexistenten Staates amtsanmaßend durch die Lande dackelt.

    Steuern an die „BRinD“ muss man als Reichsmensch natürlich keine zahlen, da man ja als Reichsbürger nur dem imaginierten deutschen Reich steurpflichtig zu sein glaubt, und das hätte so unverschämte Steuern sicher nicht erhoben. Mehrwertsteuer etwa, oder Einkommenssteuer und so. Das Reich hätte die Steuern praktischerweise nur bei den anderen erhoben, ganz bestimmt.

    Es ist aber auch traurig, dass der normale Deutsche diese simple Wahrheit nicht sehen will und weiter sein hart erarbeitetes Geld mit einer raffgierigen Inkassofirma teilt und dass Deutschland Bettvorleger und Zahlmeister Europas ist anstatt in als glanzvolles Reich an der Spitze zu stehen.

    Ich gehe jetzt jedenfalls ins Reichsgasthaus, esse einen Reichsburger und ersäufe meinen Kummer in ein paar Maß Reichshopfenkaltschale mit kurzen Reichswässerchen dazu.

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  3. Reichsbürger sind offenbar Bürger, die durch Machtmissbrauch geschädigt wurden und wie ich nach Lösungen suchen.

    [edit vom aargks: weitere 18.587 Zeichen gelöscht. Hör auf hier Textwände zu posten. Hör auf, die immerselben Textwände in mehreren Artikeln zu posten. Hast Du was zu sagen? Dann sage es in wenigen Worten. Versuch mal, nur eine Botschaft rüberzubringen. Willst oder kannst Du das nicht, werden keine weiteren Kommentare mehr von Dir veröffentlicht]

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